Abiturienten der Kilian-von-Steiner-Schule und ihr Lehrer Benjamin Fetscher produzieren spanischen Popsong

(aus der Schwäbischen Zeitung vom 4.11.2023 Seite15)

Von Christian Reichl

LAUPHEIM – Feurige Rhythmen, eingängige Melodien und ein schlüpfriger Text: Der Popsong „Mamarse“ könnte mit etwas Glück der nächste Sommerhit werden. Dabei stammt das Lied nicht aus der Feder eines spanischen Superstars, sondern ist von Abiturienten der Kilian-von-Steiner-Schule geschrieben worden. Nach den Abiturprüfungen produzierten 15 Schülerinnen und Schüler die Songidee mit ihrem Spanischlehrer Benjamin Fetscher in dessen Musikstudio „BA Audiolabs“. Die Single der „TG Leyendas“ (zu Deutsch: Die TG Legenden), wie sich die Musikgruppe benannt hat, ist jetzt auf der Musikplattform Spotify verfügbar.

Was als eine Idee in der 11. Klasse begann, hat die Spanisch-Klasse des Laupheimer Musikproduzenten Benjamin Fetscher in ihrem Abschlussjahr verwirklicht: Die Abiturienten des Technischen Gymnasiums haben mit ihrem Lehrer einen spanischen Popsong geschrieben und produziert. „Noch nie habe ich mit Schülern ein Projekt umgesetzt, das so konsequent angegangen wurde“, schwärmt Fetscher. Er sitzt auf einem Stuhl in seinem Musikstudio „BA Audiolabs“, umgeben von einer Vielzahl an Instrumenten und Tontechnik.

Nach der letzten Klassenarbeit haben sich Fetscher und seine Schüler ans Werk gemacht. „Die Arbeit an dem Spanisch-Song war ein toller Ausgleich in der Prüfungsphase“, sagt Abiturientin Doris Roth. Alle seien begeistert gewesen, dass ihr Lehrer sich auf das Projekt eingelassen habe. Der war Feuer und Flamme: „Ich finde es schön, dass die Schüler das Angebot über den Unterricht hinaus in Anspruch genommen haben“, sagt Fetscher, der Spanisch nebenberuflich unterrichtet.

Anfangs haben die Abiturienten Liedtexte, Rhythmen und Melodien berühmter spanischer Popsongs analysiert, die ein Lied letztlich zum Hit werden lassen. Diese „Hit-Formel“ haben sie dann als Inspiration für ihren eigenen Song verwendet. Darin setzen die „TG Leyendas“ auf eine einprägsame Akkordfolge. „Die meisten erfolgreichen Popsongs verwenden nicht mehr als vier Akkorde“, erläutert Fetscher.

Doch neben dem Instrumentalen braucht ein Hit natürlich einen Text, der die Hörer in den Bann zieht. „In ihrer Thematik sind spanische Popsongs sich sehr ähnlich“, sagt Fetscher. Typischerweise werden der Sommer, das Feiern und die Liebe besungen. Das spezielle Etwas verleihen dem Song Doppeldeutigkeiten, die etwas anzüglich seien, verrät Fetscher. Dies trifft auch auf den Text von „Mamarse“ zu, der davon handelt, um die Häuser zu ziehen, obwohl die Mutter das Feiern ausdrücklich verboten hat.

„Der Text ist so unglaublich gut geschrieben“, sagt Fetscher stolz auf die Leistung seiner Schüler. Der Clou seien Wortspiele, die sich im Spanischen besonders anbieten: „Man weiß im Song nie: Wird hier gerade ein Getränk besungen oder geht es um eine Frau?“, so der Musikproduzent. Das Arbeiten am Text für den Song hätte allen Spaß gemacht. „Spanisch wurde zum Interessenfall“, sagt Fynn Ramminger. Die Alltagssprache übe auf viele eine größere Faszination als das Schulspanisch aus. „In dieser Zeit hat sich die Klasse am intensivsten mit der Sprache beschäftigt“, räumt auch Fetscher ein und schmunzelt.

Herausgekommen sind wahre Perlen an schlüpfriger Zweideutigkeit. Schon der Titel „Mamarse“ könne sowohl bedeuten, sich zu besaufen, als auch als Aufruf „Oh Mutter!“ verstanden werden, sagt Elias Egle. Das Songwriting habe nicht nur die Spanischkenntnisse verbessert, sondern auch den Ein[1]blick in eine Musikproduktion ermöglicht.

Als es an die Produktion gegangen ist, wurde alles in Etappen unter Regie von Fetscher im Studio eingespielt. „Die Teamarbeit hat auch meinen Horizont wieder erweitert“, sagt Fetscher, der immer noch begeistert von den vielen Ideen der Abiturienten ist. „Nach einiger Zeit haben wir ein Gefühl entwickelt, was gut passt“, schildert Egle. Neben teils mehrstimmigen Gesangsparts mussten auch Instrumente und Atmo-Geräusche eingespielt werden. So sind auf der Aufnahme klirrende Gläser zu hören, an anderer Stelle wird im Takt geklatscht. „Wir haben viel Neues ausprobiert und sind im Studio über unsere Grenzen herausgewachsen“, sagt Roth.

Fetscher ist sich sicher: „So ein kreatives Projekt ist abhängig von der Dynamik jedes Einzelnen, jeder ist gleichermaßen involviert und trägt einen Teil dazu bei.“ Alle hätten sich mit ihren eigenen Talenten eingebracht, um zum Gelingen des Werks beizutragen, erklärt Fetscher. So lieferte David Stauber auf einem Tablet-PC den ersten Beat, Fynn Ramminger gestaltete mit viel Liebe das Design. Das Plattencover ziert eine Tequila-Flasche mit einem Sombrero. „Ich habe viele kleine Details und Referenzen zu unserer Schule eingebaut“, so Ramminger.

Sein Debüt feierte der Popsong bereits am Heimatfest, als die Abiturienten dazu auf ihrem Umzugswagen feierten. Auch auf der Abifeier wurde er den Gästen präsentiert und habe die Klasse darüber hinaus weiter begleitet. „Wenn wir uns treffen, dann läuft der Song“, sagt Roth. Seit Ende Juli gibt es den Song auf der Musikplattform Spotify.

„Wir haben diese besondere Erfahrung gemacht, der Song ist eine schöne Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit, ob er jetzt viral geht oder nicht, ist für uns zweitrangig“, betont Egle. Dem kann auch Fetscher nur zustimmen. Die vielen gemeinsamen Stunden im Studio und vor dem Bildschirm hätten sich gelohnt – und er werde sicher noch in vielen Jahren gerne auf die gemeinsame Produktion zurückblicken: „Ich bin stolz auf das Projekt und zeige den Song auch Mitmusikern und anderen Produzenten.“